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II - DAS ZWÖLFTE HAUS - DIE ERFAHRUNG, EIN WERKZEUG ZU SEIN

Wenn Sie beispielsweise in der Stadt, in der Sie wohnen, nicht gerade eine prominente oder mit politischer oder wirtschaftlicher Macht ausgestattete Person sind, können Sie Ihren Part im System „Stadt X“ nur schwerlich erkennen. Das bedeutet aber nicht, dass Sie ihn nicht haben. Und im Sinne des zwölften Hauses bedeutet das auch nicht, dass Sie ihn erkennen müssen. Und damit nicht genug: Im Sinne des zwölften Hauses bedeutet Ihr Platz im System auch nicht, dass nur Sie ihn ausfüllen können, sondern dass es da einen Platz im System gibt (wir können diesen Platz auch ein Bedürfnis des größeren Ganzen nennen), den Sie jetzt gerade einnehmen und damit auf ein Bedürfnis des Systems reagieren - wenn auch individuell. Sollten Sie jedoch einmal einen anderen Platz in diesem System einnehmen oder es ganz verlassen, so wird Ihr Platz von einem anderen übernommen werden, der oder die ähnlich wie Sie reagieren wird. Manche kennen dieses Phänomen vielleicht von Arbeitsstätten, die sie verlassen haben und später wieder einmal besucht haben: Nichts Grundlegendes ist verändert, sondern das vormals eigene Tun ist von anderen oder einem neuen Systemmitglied übernommen worden. Vielleicht sagt Ihr ehemaliger enger Kollegenkreis noch, dass Ihr Weggang viel verändert hat, je breiter Sie jedoch die Perspektive fassen, umso mehr erkennen Sie in der Regel keine Veränderung, deren Ursache tatsächlich Ihr Fehlen ist.

Systeme und Einheit

Teilhabe an einem größeren Ganzen lässt mitunter das Gefühl entstehen, austauschbar (= als Persönlichkeit wirkungslos) zu sein. Im Sinne des zwölften Hauses stimmt das auch zum Teil. Unser Ich, das zur Bewältigung des individuellen Lebenszieles das Gefühl der eigenen Wichtigkeit notwendig braucht, spielt in der Dimension des zwölften Hauses nämlich eine ganz andere Rolle. Hier geht es darum, dass alles Leben - und somit auch unseres - von einer unergründlichen Macht gewährt wird, die sich durch uns und in allem Seienden ausdrückt und die - wenn überhaupt - nur in dieser Gänze zu begreifen ist. Im zwölften Haus sind wir Werkzeug dieser Macht, durch hier positionierte Planetenenergien drückt sich „das große Geheimnis“ oder das unendlich große System durch uns aus. Das Göttliche bedient sich unseres Lebens für seine eigene, unergründliche und als Schicksal erfahrene Absicht. Jedes eigene Wollen ist hier somit wirkungslos, sei es auch noch so spirituell, altruistisch oder künstlerisch, um nur einige der Impulse zu nennen, mit denen ein Ich Energien des zwölften Hauses ausleben will. Das zwölfte Haus spricht von unserer Teilhabe an der Unendlichkeit und Ewigkeit. Mit diesen beiden Worten bezeichnen wir jedoch lediglich etwas, das die Dimensionen unserer Vorstellungskraft sprengt, weil es jenseits von Raum und Zeit - also jenseits der Bedingungen für unser Ich - existiert. Im zwölften Haus nehmen wir Teil an der Raum- und Zeitlosigkeit der Existenz und erleben eine Dimension, in der physische und zeitliche Grenzen nicht existieren. Ein anderes Wort hierfür ist Einheit.


Die Erfahrung von Einheit geht oft mit ozeanischen Gefühlen einher, mit dem Eindruck: "Ich bin das alles" und einer emotionalen Identifikation mit allem. In einem oftmals rauschhaften Zustand lösen sich Ich-Grenzen auf und mitunter kommen wir in den Genuss eines absolut friedvollen Einsseins mit allem. Solche Erfahrungen sind neptunische Gipfelerlebnisse - und sie sind vorübergehend. Meist bedauern wir das und begeben uns bewusst oder unbewusst auf die Suche nach Wiederholung. Solche Einbrüche des Geistigen in unsere Alltagswahrnehmung sind jedoch nur eine Möglichkeit der Einheitserfahrung - wenn auch eine sehr dichte und nachhaltige. In diesen Erfahrungen sind Raum- und vor allem Zeitgrenzen aufgehoben, wir bewegen uns in unserem Empfinden tatsächlich in sogenannten jenseitigen Gefilden.


Das zwölfte Haus eines Horoskops ist jedoch eine Komponente der irdischen Existenz, technisch gesehen ist es ein Ergebnis der Berechnung einer irdischen Zeitqualität. Wenn diese Komponente auch von jenseitigen Gefilden spricht, so ist sie dennoch in unserer irdischen Realität vorhanden. Im zwölften Haus erfahren wir die Wirkung der Einheit im Verlauf der Zeit. Das klingt paradox, ist es aber nicht. Die für das zwölfte Haus typische „...-losigkeit“ ist ein Ausdruck davon, dass hier eine universelle Kraft wirkt, deren Absicht - falls vorhanden - wir nicht kennen. Wir können unser Bedürfnis nach einer universellen Absicht nur durch Analyse und Erkenntnis unseres Weges und der uns auf ihm geschehenden Ereignisse versuchen, zu stillen. Die Instrumente des beweglichen Kreuzes sind wahrnehmen (3. Haus), analysieren (6. Haus) und erkennen (9. Haus), was schließlich darin münden kann, im zwölfte Haus zu vertrauen - denn etwas anderes bleibt uns hier im Prinzip nicht übrig.


Unsere Vorstellung von Einheit hat häufig eine romantische Färbung und speist sich aus unserer unbewussten Erinnerung an die einmal erfahrene Einheit im Mutterleib und der Idealisierung dieser Phase. Mit der Geburt und allen weiteren Schritten und Entwicklungen in unserem Leben verlassen wir jedoch nicht die Einheit an sich, sondern entfernen uns von einer speziellen Form, sie zu erfahren. Es ist unmöglich, aus der Einheit herauszufallen, wenngleich es schon möglich ist, unsere aktuelle Form der Teilnahme an der Einheit nicht wahrnehmen zu wollen. Es hängt davon ab, wie wir uns selbst definieren: Definieren wir uns als aus der Einheit herausgefallen, so betrachten wir alles, was wir tun und lassen, was uns gelingt und wo wir scheitern, als das Ergebnis unseres Einzelkampfes mit den Widrigkeiten und Möglichkeiten der irdischen Existenz.


Definieren wir uns jedoch als „Teilganzes“ und setzen voraus, dass es ein größeres Ganzes gibt, in dessen Kontext genau dieses unser Leben Sinn macht, betrachten wir unsere Erfolge und Misserfolge aus einer ganzheitlichen Perspektive und müssen im Laufe der Zeit unsere Bewertungen oftmals mit anderen Vorzeichen versehen. So lange wir den Eindruck haben, dass unser Wille wirksam ist und wir unsere Ziele erreichen, ist die Frage nach der Selbstdefinition nicht sonderlich dringlich. Machen wir jedoch wiederholt Erfahrungen des Misslingens, der Schwäche und Unwirksamkeit, benötigen wir einen anderen Definitionsrahmen, um im vermeintlich Schlechten das Gute erkennen zu können und unseren Lebensmut nicht zu verlieren.


Die für das zwölfte Haus typischen Erfahrungen von Verwirrung, Scheitern, Benebelung, Enttäuschung, Suche/Sucht, Schwäche, Krankheit und Isolation sind hier nicht per se angesiedelt. Sie entstehen durch die Enge des Definitionsrahmens, in dem wir uns zu erklären und zu leben suchen. Die Bezüge, in die wir uns selbst stellen, also das System, in dem wir annehmen, zu sein, reichen jedoch nicht aus, um das, was wir erleben, als sinnhaft zu erfahren. Es ist im zwölften Haus nicht der Sinn, der fehlt, sondern der entsprechende Rahmen, der ihn sichtbar macht. In keinem anderen Bereich unseres Horoskops sind wir immer wieder derart aufgerufen, den Bezugsrahmen unserer Erfahrungen zu verlassen, wie in den Belangen des zwölften Hauses. Die Zeit spielt somit auch für das zwölfte Haus eine wesentliche Rolle.


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