Texte, Fotos, Logos: © Ursula Strauß, alle Rechte vorbehalten. Die kommerzielle und private Nutzung der Inhalte sowie deren Nutzung auf fremden Internetseiten ist ohne Zustimmung der Urheberin nicht gestattet. Es gelten die Bestimmungen des Urheberrechts.


 IMPRESSUM/DISCLAIMER/DATENSCHUTZ

Ursula Strauss
Home Bücher Artikel Angebot Kontakt
Home

VESTA | DIE HÜTERIN DER SEELEN

Stellen Sie sich vor: Nach einem langen Tag kommen Sie nach Hause, sinken auf Ihren Sessel vor dem Kamin und starren ins Feuer. Langsam löst sich die Anspannung, immer weniger hören Sie dem geschwätzigen Verstand zu. Das Erlebte, die Welt, die äußere Realität rücken mehr und mehr von Ihnen ab und irgendwann wird es in Ihnen ganz still. Sie sind nach innen gerückt, an Vestas heiligem Herd der Welt ent-rückt, einfach so. Jeder kennt das. Man muss dazu nicht allein sein. In abendlichen Lagerfeuern erlebt man es inmitten einer Gruppe, bei einem romantischen Essen bei Kerzenschein in Gegenwart des oder der Liebsten, oder im Stau auf der Autobahn, nachdem man aufgegeben hat, den straffen Tagesplan noch zu retten. Für eine mehr oder weniger kurze Zeit kommt man bei sich an, ganz allein bei sich. Eine ähnliche Versunkenheit in sich selbst erleben wir bei einem Tun, das nichts dient. Das Ergebnis solchen Tuns kann durchaus nützlich sein, aber das ist nicht sein Motiv. Es gibt kein Motiv, das Tun ist rein. Selbstvergessenheit, ein Ankommen bei dem stillen, inneren Licht.


Man könnte diese Qualität unserer Seele als beziehungsfeindlich betrachten – ist sie aber nicht. Wie alles Weibliche ist Vesta zyklisch. Weil das Auftreten des „Vesta-Zustands“ allerdings so magisch wie alltäglich ist – immerwährende Schwankungen im Gefühl der Verbundenheit -, wird er von Beziehungspartnern mitunter als Bedrohung empfunden, als eine unterschwellige Angst, dass da „etwas nicht stimmt“. Der andere geht uns im Beziehungsalltag immer wieder komplett verloren – so fühlt es sich an und so ist es auch. Da ist etwas, wo wir „nicht dabei sein können“ und uns vollständig ausgeschlossen fühlen. Nach dem inneren Besuch in Vestas Tempel kommt der andere jedoch komplett wieder in die Beziehung hinein und ist wieder „bei uns“. Diese Schwankungen sind zu subtil, um ein Drama daraus zu machen, aber auch zu intensiv, um sie zu ignorieren. Je abhängiger Beziehungen gestaltet sind, umso angstbesetzter ist Vestas Qualität für die Beteiligten. Man greift ein, grätscht sozusagen dazwischen um Aufmerksamkeit zu erhalten, um den Weg nach innen aufzuhalten und sich der Verbindung zu vergewissern. Doch wenn niemand zwischendurch bei seinem innersten Sein ankommen kann – was soll sich dann verbinden? Dann bleibt alle Beziehung an der Oberfläche und läuft Gefahr, wirklich zu zerbrechen.


Vestas Energie hat eine absolute Qualität, im Kern ist sie das Gewahrsein eines mich nährenden höheren Ursprungs in mir selbst. In engen Beziehungen müssen wir lernen, dass es erstens in jedem von uns den ausschließlich für uns zugänglichen Raum unserer Seele gibt. Und dass zweitens dieser Raum die Voraussetzung dafür ist, sich mit etwas von mir Unterschiedenem verbinden und gemeinsam ein Wir bilden zu können. Vesta hütet die eigene Seele, damit dies gelingt. Sie steht damit auf profunde Weise für das Leben an sich und seine individuelle Entfaltung in der Materie. Leben, das leben will. Leben, das sich lebt.


Vesta ist nicht korrumpierbar, das macht ihre Energie alles andere als einfach. Der Mythos schildert sie als gütig und sanft, ohne Machtansprüche, schlicht und still, dem Frieden und allgemeinen Wohl dienend. In diesem Sinne stellt sie eine Form besonderer Unabhängigkeit dar, unbeeindruckt von den wechselnden Gesichtern, Begierden und Bewertungen der jeweiligen Zeit, da sie einer höheren Sache dient. Sie rührt sich nicht von selbst, sondern ist einfach da, undramatisch, jeden Tag, ob wir hinsehen oder nicht. Als Mensch in der heutigen Zeit, die pausenlos an unserer Aufmerksamkeit zerrt und uns zudem die Stille verweigert, spüren wir Vestas Qualität oft aber erst „mit den Füßen am Abgrund“, sprich: in Situationen, in denen wir merken, dass wir gegen etwas Essentielles oder „Höheres“ unserer Identität verstoßen würden, wenn wir uns darauf (was auch immer) einlassen. Ein Hinsehen lohnt sich schon deshalb, damit Vesta sich im individuellen Bewusstsein verankern und im Alltag wirken kann und ihre Qualität nicht im kollektiven Schatten frei flottiert, wo sie sich zu vereinigtem „heiligem Zorn“ summieren kann.


In Beziehungen sollten wir deshalb diese nicht korrumpierbare Seite im anderen gegenseitig hochachten und nicht als einen persönlichen Affront nehmen. Ihre Bedeutung kann kaum überschätzt werden, verhindert sie doch die Entstehung auszehrender Symbiosen durch sich langsam festfahrende Rollenmuster, in denen sich niemand entwickeln kann. Mit Vesta im Gepäck ist Beziehung ein geliebter Bereich, in dem jeder sein Heiligstes spüren und ihm folgen kann, ohne befürchten zu müssen, den anderen dadurch zu kränken oder zu verlieren. Vesta gibt Beziehungen Größe, man wird zu Gefährten auf Augenhöhe. Beziehungen, die das ermöglichen, lassen die Liebe erst gedeihen.


Während das Zeichen, in dem Vesta in unserem Horoskop steht, das Grundthema dessen vorgibt, was wir um jeden Preis behüten, sind wir in dem durch Vestas Hausposition angezeigten Lebensbereich immer in einer besonderen Spannung mit der Außenwelt. Mit anderen Worten: In den Belangen dieses Hauses sind wir sehr, sehr eigen. So sehr, dass wir uns dort mitunter nahezu isoliert fühlen und niemanden zu finden scheinen, der die Dinge so sieht und angeht wie wir selbst. Dieses Haus hält transformierende Erfahrungen für uns bereit, in kleinen, machbaren Schritten, die gleichwohl eine nachhaltige Wirkung entfalten können. Wenn Beziehungspartner sich bei dem Wagnis, den inneren Tempel aufzusuchen, gegenseitig „Rückendeckung“ geben, erkennen beide bald, dass niemand mitgehen kann, weil niemand der andere ist. Und dass das gut so ist.


MYTHOLOGIE


Die Mythologie zu Vesta, griech.: Hestia, fasst sich sowohl in der römischen als auch in der griechischen Version recht kurz. Sie ist das älteste Kind von Kronos und Rhea und zugleich auch das jüngste, da sie von Kronos als erste verschlungen und als letzte wieder ausgespien wurde. Sie ist eine Schwester von Zeus und gehört zu den olympischen Göttern. Als später Dionysos in den Olymp aufgenommen wird, räumt sie zu seinen Gunsten ihren Thron, um den Frieden zu bewahren. Ihr fester Sitz im Olymp bleibt ungeachtet dessen bestehen. Ihr heiliger Platz ist die „Mitte des Hauses“, sie gilt als Hüterin des heiligen Feuers und ist Göttin des Herdes und der Häuslichkeit. Vesta mischt sich nie in äußere Angelegenheiten ein und folgt niemandem. Als von allen hochgeehrte Göttin erhält sie bei Festmahlen stets das erste und das letzte Opfer, ihr Symbol ist die heilige Flamme, das ewig brennende Licht.